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Im Zweifel war's die "Trinkerszene" - Anschlag am Hamburger S-Bahnhof Veddel: Polizei sieht keine rassistischen Motive

Ein islamistischer Hintergrund war nicht erkennbar, so blieb das Medienecho bescheiden: Am Abend des 17. Dezember war auf dem Hamburger S-Bahnhof Veddel ein starker Böller mit etwa 50 Gramm Schwarzpulver explodiert. Die Scheibe eines Windfangs barst, ein 68jähriger erlitt ein Knalltrauma. Auf dem Bahnsteig wurden Schrauben gefunden, ob sie mit dem Anschlag in Verbindung stehen, war zunächst unklar.

Die Tat hat offenbar »nur« einen rechten Hintergrund: Zwei Tage später wurde Stephan K. festgenommen, dem die Polizei durch Videoaufzeichnungen auf die Spur gekommen war. Der Name erinnert an eine grausame Tat von Neonazis vor 25 Jahren. Am 18. März 1992 hatte K. mit seinem Kumpan Stefan S. in Buxtehude den 53 Jahre alten Kapitän Gustav Schneeclaus erschlagen, kam mit achteinhalb Jahren Haft wegen Totschlags davon. Stefan S. bekam sechs Jahre Gefängnis. Nach seiner Entlassung stieg er zur lokalen Größe in der Neonazihochburg Tostedt südlich von Hamburg auf, betrieb bis 2013 den Laden »Streetwear Tostedt«.

Dass K. den Anschlag auf dem S-Bahnhof aus rassistischen Motiven beging, liegt nahe: Im Stadtteil Veddel haben rund 70 Prozent der Bewohner einen Migrationshintergrund. Doch Hamburgs Polizei konnte solche Motive nicht erkennen. Der obdachlose Tatverdächtige sei zuletzt nur wegen kleinerer Diebstähle aufgefallen, gehöre zur Trinkerszene. Die Thüringer Linken-Politikerin Katharina König-Preuss bezweifelte via Twitter, ob man K. nur als »Exneonazi« oder »Trinker« bezeichnen könne. Die Frankfurter Rundschau schrieb am Donnerstag, die Tat erinnere an den »allerdings weit folgenreicheren Anschlag« des NSU in der Kölner Keupstraße am 9. Juni 2004, bei dem 22 Menschen verletzt worden waren.

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