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Pressemitteilung des rabatz bündnisses


Nicht zu überhöhrende Forderung nach Ende der Kreta-Feier in Reichenhall



Mit Fotos siehe https://badreichenhall.tk/2016/05/nicht-zu-ueberhoehrende-forderung-nach-ende-der-kreta-feier-in-reichenhall/

»Es sollte klar geworden sein, dass die Kreta-Feier eine unverhohlene Verherrlichung des nationalsozialistischen Vernichtungskrieges gegen die Bevölkerung ist. Wir können uns nach diesem Wochenende nicht vorstellen, dass in Bad Reichenhall außer dem Kameradenkreis der Gebirgstruppe noch jemand daran festhalten möchte.« Anna Jade, Pressesprecherin des rabatz bündnisses

Ein eindrucksvolles Hearing und eine gelungene Demonstration in Bad Reichenhall am Samstag setzen ein nicht zu übersehendes Zeichen für ein Ende der Kreta-Feierlichkeiten. Das rabatz bündnis zieht trotz Polizeiprovokationen ein positives Fazit und erhofft sich neuen Schwung für die Debatte um Entschädigung für die Kriegsverbrechen der Wehrmacht.

Das Hearing begann mit einem historischen Vortrag, der Kriegsverbrechen der Reichenhaller Gebirgsjäger auf Kreta sowie an anderen Orten darlegte und sich kritisch mit der jährlichen Kreta-Feier auseinandersetzte. Der 92-jährige Zeitzeuge Nikolaos Marinakis schilderte grausame Details von der Ermordung von 148 Einwohner*innen Skines am 1.August 1941, die nachweislich durch das Gebirgsjägerregiment 100 aus Reichenhall erfolgte. Angesichts der Zerstörungen, die die Wehrmacht in Kreta und Griechenland anrichtete, stellte er unter großem Applaus hinsichtlich der von Deutschland verordneten Austeritätspolitik die Frage: Wer schuldet hier eigentlich wem?


Daran knüpfte Rechtsanwalt Martin Klingner vom AK Distomo an und legte dar, dass höchstrichterliche Urteile griechischer Gerichte zu Individualansprüchen existieren, aber nicht gegen die Bundesrepublik vollstreckt werden. Aristomenis Syngelakis verlas Grußworte der Widerstandsikone Manolis Glezos, der einst die Hakenkreuzfahne von der Akropolis riss und für Syriza zeitweilig im Europäischen Parlament saß. Er schilderte, dass ein Großteil seiner Familie in Vianos durch die Nazis ausgelöscht wurde und welche ökonomische Katastrophe die Zerstörungen anrichteten.

Dem Hearing folgten etwa 130 Menschen, darunter auch Bürger_innen aus Bad Reichenhall und Nachbargemeinden. Bei der anschließenden Demonstration beteiligten sich etwa 150 Menschen. Trotz der massiven Einschüchterung, die von der Polizei ausgegangen ist, haben sich spontan Passant*innen der Demonstration angeschlossen, hunderte Informationsflyer wurden an die Bevölkerung verteilt.

Bewegendster Moment der Demonstration: Aristomenis Syngelakis und Nikolaos Marinakis installieren symbolisch mit einem Vorschlaghammer eine Tafel vor dem Kreta-Gedenkstein. Darauf werden Gräueltaten der Reichenhaller Gebirgsjäger erläutert. Niedergelegt wurde auch ein Kranz mit einer mehrere Meter langen Schleife, auf der die Orte von Massakern der deutschen Gebirgsjäger mit den Zahlen der jeweils ermordeten Zivilist*innen und Gefangenen aufgezählt sind.

Nikolaos Marinakis und Aristomenis Syngelakis (mit Vorschlaghammer) installieren eine symbolische Gedenktafel für die Kriegsverbrechen Reichenhaller Gebirgsjäger vor dem Kreta-Gedenkstein in Bad Reichenhall. Im Hintergrund: Ein Kranz des AK Angreifbare Traditionspflege mit einer Meter langen Schleife, auf der die Orte von Massakern der deutschen Gebirgstruppe aufgeführt sind.

Neben dem rabatz bündnis selbst sprachen auf Zwischenkundgebungen die 87-jährige Antje Kosemund, Vorstandsmitglied der Stiftung Auschwitz Komitee, Ioanis Charalampakis für die Friedensinitiative Traunstein-Traunreut-Trostberg sowie eine Vertreterin des Arbeitskreises Angreifbare Traditionspflege. In Parolen wurde der Kampf der Partisan*innen gewürdigt und Entschädigungen für Kriegsverbrechen in Skines und anderen Orten Griechenlands gefordert.

Auf große Verärgerung stieß der völlig überzogene Polizeieinsatz bei den Veranstalter*innen: Ausufernde und in ihrer flächendeckenden Form rechtswidrige Vorkontrollen unter massiver Gewaltandrohung machten eine Spontankundgebung am Bahnhof unausweichlich. Der Beginn des Hearings verzögerte sich durch die Polizeiprovokation um 45 Minuten. Bei der Demonstration am Spätnachmittag ist es nur dem besonnen Agieren der Versammlungsleitung und den Teilnehmer*innen zu verdanken, dass es nicht zu Zusammenstößen gekommen ist.

Die Veranstalter*innen ziehen ein durchweg positives Fazit des Aktionstags: Zwar würde versucht, andere Aspekte in das Gedenken zu integrieren, doch »es sollte klar geworden sein, dass die Kreta-Feier eine unverhohlene Verherrlichung des nationalsozialistischen Vernichtungskrieges gegen die Bevölkerung ist. Wir können uns nicht vorstellen, dass in Bad Reichenhall außer dem Kameradenkreis der Gebirgstruppe noch jemand daran festhalten möchte.« Man hoffe, dass zugleich die Entschädigungsdebatte neuen Schwung erhält. Es sei offensichtlich, dass die Bundesrepublik tief in der Schuld Griechenlands stehe.

Siehe https://badreichenhall.tk/2016/05/nicht-zu-ueberhoehrende-forderung-nach-ende-der-kreta-feier-in-reichenhall/

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